Einmal im Jahr lassen wir unsere Familien zuhause und treffen uns zum Geschwistertag. Wir sind zu fünft, vier Schwestern, ein Bruder. Aufgewachsen in den 1970er und 1980er Jahren. Schon damals war eine so große Kinderschar eher ungewöhnlich. Vielleicht ist es das, was uns noch heute so stark zusammenhalten lässt.
Letztes Jahr ging es zum Geschwistertag zum Sonnentor nach Sprögnitz – bzw. Sprinx, wie es im Waldviertel heißt. Begonnen haben unsere gemeinsamen Ausflüge vor zehn Jahren. Wir hatten festgestellt, dass wir uns bei den diversen Familientreffen wie Geburtstagen, Weihnachten, Taufen usw. zwar viel und gut unterhalten, aber zu wenig miteinander, nur wir fünf. Wir waren schon im Stift Zwettl, am Herrensee in Litschau, am Marillenweg in der Wachau und bei ein paar anderen Ausflugszielen.
Obwohl das Rundherum immer gut gewählt ist, geht es doch eigentlich gar nicht so sehr darum. Sondern mehr darum, dass wir miteinander reden und uns austauschen. Zu fünft. Ganz selten schwelgen wir dabei ein bisschen in Nostalgie. Meist daten wir uns erst einmal in aller Ruhe ab. Beim Sonnentor haben wir uns zu diesem Update zu Mittag im Bio-Restaurant Leibspeis getroffen. Wir haben Waldviertler Wurzeln. Vier von uns wurden in Zwettl geboren, 1978 zog die Familie nach Wien. 1981 kam unser Küken zur Welt. In den späten Neunzigern zog es zwei Schwestern wieder ins Waldviertel – der Liebe wegen.
Nun saßen wir also an einem verregneten Sonntag im Leibspeis. Das Essen hielt, was der Lokalname verspricht. Die Buchteln z.B. schmecken fast so gut wie früher bei unserer Tante Rosi im Waldviertel. Nach dem Essen spazierten wir durch Nieselregen die paar Schritte zum Sonnentor hinüber. Um 14.30 Uhr startete die Führung, zu der wir uns angemeldet hatten. Beim Gang durch die großen Produktionshallen erfuhren wir z.B., dass 250 Mitarbeiter am Standort in Sprögnitz beschäftigt sind. 70 % davon sind weiblich. Und dass es einen eigenen Betriebskindergarten gibt, das Sonnenscheinchen. Wir lachten über Lagerhallennamen wie „Halleluja“. Wir staunten, dass sich die Bio-Philosophie durch die gesamte Produktion zieht, von den Rohstoffen bis hin zur Verpackung. Sogar das Plastiksackerl ist kein Plastiksackerl, sondern wird aus kompostierbarer Zellulose hergestellt. Die MitarbeiterInnen werden vom Chef und Firmengründer Johannes Gutmann von Montag bis Donnerstag zum Mittagessen eingeladen. Freitags ist Frühschluss, da wird daheim gegessen. Der Duft der Kräuter und Gewürze in den Hallen ist schier überwältigend. Von Minze über Melisse zu Zimt und Koriander. Beim Rausgehen stellten wir fest, dass wir hier gerne arbeiten würden.
Im angrenzenden Kaffeehaus Genuss-Reich gönnten wir uns dann drei Kaffee, einen Gute-Laune-Tee und Wasser. So waren wir alle fünf versorgt und die Plauderei konnte weitergehen. Verblüffend ist immer wieder, dass wir entgegen unseren sonstigen Gewohnheiten in der Großfamilie nicht durcheinanderreden am Geschwistertag. Es bilden sich auch kaum Grüppchen. Die meiste Zeit spricht eine/r und die anderen hören zu. So sind wir alle am gleichen Stand der Dinge. Und kichern über dieselben Schmähs. Als wir später am Abend in Zwettl in der Pizzeria sitzen z.B. wird dort eine Falltür zum Keller geöffnet zum Getränkeholen. Eine von uns meint, das wäre ein Klassiker: Wenn sie das Lokal erst jetzt betreten würde und sich umschaute, schwupps, wäre sie schon weg. Worauf der Bruder meint: „Und dann ginge es brrr, brrr, brrr, brrr – viermal mit dem Akkuschrauber und du wärst für immer verschwunden.“
Solch schwarzer Humor sorgt bei uns für viel Gelächter. Auch schon bei der Anreise im Auto aus Wien. Als wir im Regen durch einen einsamen Wald fuhren. Und wir Mädels sagten, hier würden uns sicher die sieben Zwerge holen, wenn wir alleine draußen wären. Dazu der Bruder: „Keine Sorge, für die Zwerge seid ihr zu alt. Aber vor Hänsel und Gretel müsst ihr euch in Acht nehmen, die stecken alte Hexen in den Ofen.“
Das Thema Alter nimmt sowieso von einem Geschwistertreffen zum nächsten zu. Liegt ja schließlich in der Natur der Sache, jünger werden wir alle nicht. Eine von uns kann die Speisekarte ohne Brille nicht gut lesen; die zweite verträgt keine rohen Zwiebeln mehr; den Bruder stört seine beginnende Glatze. Nur die Jüngste im Bunde versteht das alles nicht. Noch nicht! Sie kommt schon noch in unser Alter.
Jedes Mal sind wir aber auch ein bisschen wieder wie Kinder. Am Bio-Bengelchen-Weg etwa, den wir in einer Regenpause entlang geschlendert sind: Die „Telefonzellen“ mussten unbedingt ausprobiert werden. Über die Jahre haben wir schon diverse einsame Spielplätze unsicher gemacht. Sind auf Seiltellern gerutscht, über Balken balanciert und noch so einiges mehr.
Wohin die Reise nächstes Mal gehen wird, wissen wir noch nicht. Wahrscheinlich wieder irgendwo in die Mitte zwischen Wien und Waldviertel. Fix ist aber jedenfalls, dass unser Geschwistertag stattfinden wird. Das taugt uns allen Fünf und schweißt uns noch mehr zusammen.
Ach, Silvia,
ich bin ja so glücklich, dass ich endlich die Geschichte mit einem Geschwistertag habe. Am liebsten würde ich sie in meinen blog kopieren, weil ich sie sooo lieb und gut geschrieben und wienerisch finde. Was würdest du denn dazu sagen?
Vielleicht hast du mich auf dem Videofilm vom Poetry Slam gesehen? Das war auch lustig.
Ich freue mich, dass es dir gut geht, geht’s doch, oder?
und grüße dich liebstens!
Elisabeth
Liebe Elisi,
ich danke dir 🙂 natürlich darfst du die Geschichte in deinen Blog kopieren (aber bitte mit Link auf meine Seite). Dein Poetry-Slam-Video habe ich mir schon mehrmals angeschaut, weil ich dein Gedicht soooo gern mag.
Alles Liebe aus Wien
Silvia
Liebe Silvia,
gratuliere zu einer deiner Schwestern â die pinkfarbene Hose samt Schuhen â genial!!!!!
Bussi, bis bald! Silvia
Oh, ich fürchte, da hat uns die Fotoqualität einen Streich gespielt, Hose und Schuhe sind in Wirklichkeit rot …
So mischen sich deine Lieblingsfarbe und meine Lieblingsfarbe zusammen :-)))
Liebe Silvia !
Ja, von Euren Geschwistertagen hab ich schon viel gehört. Ich finde, das ist eine sehr schöne Tradition bei Euch! Beim Sonnentor waren wir auch schon einmal, die Hallelujah hat uns damals auch sehr gut gefallen. Das Restaurant gab es allerdings glaub ich damals noch nicht.
Ganz liebe Grüße
Karen
Liebe Karen,
stimmt, das Restaurant gibt es erst seit ein oder zwei Jahren. Es ist aber jedenfalls sehr empfehlenswert!
Alles Liebe
Silvia